24.04.2022: 2. Ostersonntag

Hier geht es zu den Texten der Liturgie:

Ich möchten ihre Blick auf die kurze Sammelerzählung aus der Apostelgeschichte richten: es wird erzählt, dass Scharen von Männern und Frauen zum Glauben an Jesus Christus, den auferstandenen Herrn geführt wurden. Schier unglaublich wirkt die Bemerkung, dass man die Kranken auf die Straße legte und sie gesund wurden, wenn der Schatten des Petrus auf sie fiel.

In dieser Weise kann ich das auch nicht für bare münze nehmen. Was ich aber erkenne ist, die Absicht der Apostelgeschichte: Die Apostel und die kleine und erst seit kurzer Zeit sich findende Gemeinde um die Apostel setzen das fort, was Jesus getan hat:
Sie wenden sich den Kranken zu, weil sie eben nicht von Gott gestraft sind.
Ganz im Gegenteil: Gott will ja, dass die Menschen heil sind und durch Gottes Kraft werden sie heil.

Und sie verkündeten die Auferstehung Jesu und dass er der von Gott verheißene Retter ist: Und zwar, weil er zeigte, dass niemand von Gottes Liebe ausgeschlossen ist und dass niemand von einem anderen behaupten darf, dass er von Gott verstoßen sei.

Liebe Schwestern und Brüder,
aus diesem Grund handelt jeder Mensch gegen Gott, der einem anderen Gewalt antut oder ausschließt oder verachtet oder verurteilt: Er tut so, als ob der andere vor Gott nicht zählen würde, als ob der andere Gott nicht wertvoll wäre, als ob der andere nicht auch Gottes Kind wäre.

Das ist ein Verrat an Gottes unbeschränkter Liebe! Für Krieg und Mord und Totschlag leuchtet das sofort ein. Doch auch, wer den Mitmenschen gängelt, ihm das Leben schwer macht, ihm ständig Unvermögen und Unfähigkeit vorwirft und alle Fähigkeiten in Abrede stellt –
nimmt einem anderen Menschen das Selbstvertrauen und leugnet, dass er die gleichen Rechte hat und genauso wertvoll ist.

Manchmal geraten wir in Zweifel, ob diese Botschaft wirklich wahr ist.
Manchmal sind wir in Versuchung, zu denken, dass Menschenfreundlich-keit und Anstand, Rücksicht und Respekt zu nichts führen, weil die Gewalttätigen doch die Herrschaft an sich reißen und die anderen unterdrücken.

Es geht uns so, wie es das Johannesevangelium von Thomas erzählt, der bezweifelte, was ihm die anderen erzählten: Wir haben den Herrn gesehen. Thomas zweifelte! Doch in der Gemeinschaft der anderen machte er die gleiche Erfahrung: Was Jesus verkündete ist wahr – gerade, weil er dafür getötet wurde. Sein Leiden und sein Tod sind kein Gegenargument, sondern vielmehr der deutlichste Beweis dafür.

Das Johannesevangelium erzählt, wie die Apostel von Jesus beauftragt werden: Die Szene erinnert an die Erschaffung des Menschen, dem Gott den Lebensatem in die Nase blies. Johannes schildert eine feierliche, geradezu rituelle Szene: Jesus erscheint, er grüßt mit dem Friedensgruß und er gibt den Auftrag, den Menschen die Sünden zu erlassen – also Frieden zu bringen und Versöhnung!

Liebe Schwestern und Brüder,
dazu ist die Kirche gesandt: Frieden zu bringen und Versöhnung – nicht wie die Herrscher dieser Welt dies tun, sondern so wie Jesus es getan hat:

Ohne Waffen! Ohne Gewalt! Ohne Ausgrenzung!
Was immer auch jemand bisher ist oder wahr: wenn er dem Ruf folgt und den Frieden annimmt, gehört er zu Gottes Reich.
Künftig wird er mit den Besitzlosen teilen und sich um die Kranken kümmern.

Und deshalb liebe Schwestern und Brüder, dürfen wir und darf auch das Lehramt der Kirche niemanden wegen bestimmter Eigenschaften ausgrenzen: weder aus unserer Gemeinschaft im Glauben noch von Aufgaben in unserer Gemeinschaft. Entscheidend ist allein, ob ein Mensch dem Ruf Jesu folgt und den Frieden annimmt, den Jesus seinen Jüngern zuspricht.